18. August 2020, 41,5km
Startpunkt: N 51° 20.789', E 12° 27.492'

Wanderweg Leipzig Nord
Wanderweg Leipzig Nord

Die nördliche Hälfte des Wanderweges Rund-um-Leipzig von Miltitz bis Paunsdorf führt an Dörfern vorbei und durchquert ausgedehnte Auenwaldgebiete. Im Norden bestimmt die Industrie die Umgebung und der Westen ist stärker besiedelt.
Fast immer findet sich aber ein Fußweg durch den Wald, durch einen Park oder am Feld entlang, der eine Wanderung wert ist.


Mit dem Ziel, den Wanderweg Rund-um-Leipzig komplett zu gehen, bin ich im August 2020 angetreten um eine Nacht und einen Tag durchzuwandern. Der Leipziger Tourismusverband hat den 82km langen Weg markiert, beschrieben und stellt einen GPS-Track zur Verfügung, den man nach einer Registrierung bei Outdooractive herunterladen kann.

Begonnen habe ich damit, den Rundweg nach der Uhr einzuteilen, um zu sehen, wann ich wo sein muß und habe als Startpunkt den Kulkwitzer See gewählt. Mit einer Startzeit von 16:00 Uhr würde ich so bei Tageslicht durch den Leipziger Auenwald wandern, im Norden den Sonnenuntergang erleben und nachts den dichter besiedelten Stadtrand im Nordwesten/Westen durchwandern. Der Sonnenaufgang wäre dann bei den Makkleeberger Seen und am Mittag des nächsten Tages würde ich nach 20 Stunden wieder den Kulkwitzer See erreichen.

Der Rucksack war gut gepackt: 3 Liter Wasser, Brotzeit für zwei ausgiebige Mahlzeiten, Süßigkeiten und Kraftfutter. Da es warm war und der Wetterbericht auch eine warme Nacht prophezeite, hatte ich nur eine leichte Windjacke dabei und für den Tag entsprechenden Sonnenschutz.

Gesagt, getan. Und weit gefehlt!

Straßenbahnendstelle in Miltitz
Straßenbahnendstelle in Miltitz


Die Wanderung geht wie geplant los. Ich starte im Neubaugebiet Grünau östlich des Kulkwitzer Sees, überquere die Markranstädter Straße und passiere die Straßenbahnendstelle in Miltitz. An diesem Punkt ist die Stadt zu Ende. Der markierte Weg schlängelt sich hinter Dörfern entlang, in einem Bereich zwischen Siedlungen und Bahndamm. Hier ist es grün, hier ist es wild und die Tour beginnt Spaß zu machen.
Es folgen Bahntunnel, versteckte Brücken über ausgetrocknete Bäche, Waldgebiete und Feldraine. Selten ist eine Straße in Sicht, aber schon hier merkt man, dass der Rand einer Großstadt alles andere ist als unberührte Natur. Überall findet man vergessene Zeugnisse unseres Schaffens, die teilweise zerfallen oder schon von der Natur zurückerobert worden sind.

An der Zschampert, hinter Miltitz
An der Zschampert, hinter Miltitz


Nachdem ich Miltitz und Lindennaundorf hinter mir gelassen habe, komme ich zu einer hügeligen Gegend, die von zugewachsenen Pfaden und Steinwällen durchkreuzt wird. Ein Schild klärt auf: Hier ist der Wachberg, mit 133,6m die höchste Erhebung im Leipziger Westen (www.leipzig-lexikon.de). Er wurde sowohl im 30jährigen Krieg als auch während der Völkerschlacht als Aussichtspunkt genutzt. Heute steht ein Wasserturm darauf und natürlich ein Denkmal.

Danach gehe ich durch die westlichen Ausläufer von Rückmarsdorf, überquere die B181 und komme wieder auf einen Waldweg, der mich zum Bienitz führt. Das ist wieder ein Berg von stattlichen 124m Höhe, der seit 5000 Jahren besiedelt ist (Wikipedia). Er wurde während mehrerer Kriege militärisch genutzt und schließlich baute der sächsische König 1891 dort eine Schießstände. Damit begann seine eher unrühmliche Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus und in der DDR.
Tatsächlich gab es hier auch eine Rodelbahn und 1903 öffnete eine Ausflugsgaststätte, deren Nachfolger auch heute noch Gäste begrüßen (LINK). Ich empfehle, einen Abstecher dorthin zu machen und einen Radler zu genießen, denn der weitere Weg hält sich meist abseits von Einkehrmöglichkeiten aller Art. Wer hier wieder herkommen möchte, dem empfehle ich eine weitere "Rund-um-Wanderung", die ich bei Geheimtipp Leipzig gefunden habe.

Hätte ich das Lokal am Bienitz nicht nachrecherchiert, wäre ich nicht darauf gestoßen. Der Wanderweg führt nämlich direkt daran vorbei zum Elster-Saale-Kanal. An diesem geht es ein gutes Stück entlang, bis eine Brücke den weiteren Weg Richtung Norden frei gibt. Von hier kann man den Ruderern der DHFK beim Trainieren für die nächste Olympiade zusehen, die neben dem Kanal ihr Boothaus haben.

Elster-Saale-Kanal
Elster-Saale-Kanal


Weiter führt der Weg durch bewaldete Auenlandschaften. Jetzt komme ich zu einem der schönsten Stücke des Weges nördlich von Böhlitz-Ehrenberg: Den Auenwald um die Luppe und die weiße Elster. Den gilt es zu durchqueren, bis der Weg dann weiter in Richtung Lütschena geht. Es gibt hier übrigens eine weitere empfehlenswerte Ausflugsgaststätte. Die Domholzschänke befindet sich ca. 1.5km westlich vom Wanderweg und hat sehr gutes Essen in einem schönen Biergarten. Daran gehe ich diesmal leider auch vorbei, gönne mir aber einen kleinen Imbiss an einem Rastplatz mit Pilz. Es wird sich auf der heutigen Tour herausstellen, dass sowohl die Einkehrmöglichkeiten rar sind als auch Bänke, die zu einer Rast einladen.

Rastplatz im Auenwald
Rastplatz im Auenwald


Nachdem ich die Luppe überquert habe, betrete ich kurz den Schlosspark Lützschena, hier gibt es eine Auwald - Station mit Informationszentrum und Mini-Baumwipfelpfad, und dann führt der Weg über die Weiße Elster am Schloß Lützschena vorbei.

Ich halte mich hier nicht auf, hoffe ich doch noch, in den kommenden Dörfern ein Abendessen zu bekommen. Doch leider biegt der Weg kurz in die Hallesche Straße ein - hier fährt wieder Straßenbahn - und führt dann wieder weg von den Siedlungen in das Niemansland des Leipziger Nordens.


Hier herrscht die Industrie und es wechseln sich Bahngleise, Straßen und Gewerbegebiete ab. Der nahe Flughafen Leipzig-Halle ist deutlich hörbar und man kann einige DHL-Flugzeuge starten und landen sehen. Ich unterquere die B6, einige Bahntunnel und befinde mich auf einem schmalen Weg zwischen Logistikzentren und Güterterminals der Deutschen Bahn. Hier habe ich noch einen herrlichen Blick auf die untergehende Sonne bevor der dunkle Teil meiner Wanderung beginnt.

Sonnenuntergang bei Lindenthal
Sonnenuntergang bei Lindenthal


An einer offenen Stelle nordwestlich von Lindenthal beschließe ich, meine mitgenommenen Vorräte als Abendbrot zu verzehren. Meine Füße fordern eine längere Pause vehement ein und den Gedanken an eine Gaststätte habe ich aufgegeben.

Von Lindenthal geht es noch einmal durch den Wald - jetzt ist es schon fast dunkel - und dann weiter über eine Landstraße nach Breitenfeld. Auch Breitenfeld ist ein geschichtsträchtiger Ort - hier hat während des 30jährigen Krieges der schwedische König Gustav Adolf mit seinen Verbündeten die katholische Liga in der Schlacht bei Breitenfeld besiegt. Denkmal ist im Ort zu finden.

Nun geht der Weg durch offene Landschaft, an Feldern entlang bis Wiederitzsch. Die Nacht ist jetzt hereingebrochen und ich muss mir mit der Stirmlampe den Weg suchen. Die Wegmarkierungen, die schon bisher eher spärlich gesät waren, sind nun gar nicht mehr zu erkennen. Zum Glück ist auf mein GPS-Gerät Verlass. Ich kann weiter der abgespeicherten Route folgen, wandere durch Wiederitzsch und gelange zur S-Bahn-Haltstelle "Neue Messe Leipzig". Von hier führt der Weg durch den Messepark, durch Wohngebiete und weiter bis nach Mockau.
Wieder ein Park und dann gehe ich durch besiedeltes Gebiet - bis ich wieder an einer Straßenbahnendstelle stehe - Thekla.

Durch die Nacht
Durch die Nacht


Zwischendurch versuche ich noch einmal zu rekapitulieren, was ich tue, in welchem Zustand ich mich befinde und wie weit es noch ist.

Zusammengefasst: Es ist nach Mitternacht, ich bin hundemüde, die Füße tun weh, so dass zügiges Ausschreiten nicht mehr möglich ist, und es ist noch übel weit. Tatsächlich komme ich seit einigen Kilometern nur noch sehr langsam voran und habe meinen ursprünglichen Zeitplan jetzt schon deutlich gerissen.

Nun gut, ein Stück geht noch - zum Glück komme ich aller Stunden an S-Bahn- oder Straßenbahnhaltestellen vorbei.

Die Route geht nicht nach Thekla hinein, sondern zweigt wieder ab von der Straße in eine schmale Flußaue hinein. Hier gehe ich ein Stück entlang des Parthe-Wanderwegs, der als Wiesenweg weitergeht. Es ist feucht und es gibt Mücken, und trotz der Stirnlampe laufe ich ständig in Spinnweben hinein. Dann wechseln Wäldchen mit Kleingartenanlagen ab, bis ich zur Autobahn A14 komme und diese unterquere, um nach Portitz zu gelangen. Von da geht es durch Waldgebiete parallel zur Parthe in Richtung Taucha.

Wegmarkierung
Wegmarkierung um 1:00 Uhr


Um 2:00 Uhr mache ich eine längere Pause auf einer Parkbank zwischen Kellerasseln, Schnecken und anderem Nachtgetier und denke das erste Mal ernsthaft daran, aufzugeben.

Es geht dann doch noch ein Stück weiter - in Taucha verirre ich mich auf dem Gelände eines Altenheims, langsam schleppe ich mich durch Wohngebiete, Gartenanlagen und erreiche endlich wieder die Autobahn. Die kann man tatsächlich an der Hinterseite eines Gewerbegebietes unterqueren! Dann nochmal an einem Fluss entlang. Das ist der Lösegraben und bei Tageslicht kann ich mir den Weg sehr reizvoll vorstellen.

Weiter nach Heiterblick. Dort habe ich wieder eine Bank gefunden und ein frühes Frühstück genossen. Weiterlaufen tut weh. Paunsdorfer Wäldchen. Paunsdorf-Center. Straßenbahnhof Paunsdorf.

Es ist früh 6:00 Uhr und der Weg will wieder weg von der Hauptstraße. Straßenbahn? Hier entscheide ich mich, die Wanderung nach 43km abzubrechen.


Am Ende die Straßenbahn
Am Ende die Straßenbahn